20 Jahre Marine Stewardship Council (MSC) (2025)

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Das blaue Logo des Marine Stewardship Council (MSC) kennen wir von den Verpackungen vieler Fischprodukte. Es soll Fisch aus nachhaltigem Fang kennzeichnen und die Überfischung verringern. In diesem Jahr wird der MSC 20 Jahre alt – und zieht nun anlässlich des aktuellen UN-Meeresschutzgipfels Bilanz.

Der Marine Stewardship Council ist das weltweit erste Zertifizierungsprogramm für nachhaltige Fischerei. Vor 20 Jahren gegründet, zertifiziert die internationale, unabhängige und gemeinnützige Organisation Fischereien, wenn sie bestimmte Kriterien zum Schutz der Meeresumwelt und der Fischbestände erfüllen. In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist das blaue Siegel des MSC auf rund 7.500 Fischprodukten zu finden.

Die Kriterien des MSC beinhalten, dass die Fischerei nicht zu überfischten Beständen im Fanggebiet führen darf. Außerdem muss der Beifang von Jungfischen und anderen Meerestieren minimiert werden und das Ökosystem darf nicht geschädigt werden. Zertifizierte Fischereien müssen zudem Gesetze und internationale Standards berücksichtigen und sich regelmäßigen Kontrollen unterziehen. Durch das Kontrollsystem des MSC soll sichergestellt werden, dass jeder zertifizierte Fisch entlang der gesamten Lieferkette vom Konsumenten bis zu einer nachhaltigen Fischerei zurückverfolgt werden kann.

Zwölf Prozent allen Fischfangs

Anlässlich des zurzeit stattfindenden UN-Gipfels zum Meeresschutz in New York hat der MSC nun seine Bilanz nach 20 Jahren vorgestellt. Demnach sind heute rund zwölf Prozent des weltweiten Fischfangs zertifiziert – 296 Fischereien aus 36 Ländern. In Deutschland sind derzeit sieben Fischereien zertifiziert, diese landen ungefähr die Hälfte der gesamten deutschen Fangmenge an. Weitere hundert Fischereien weltweit lassen aktuell eine Bewertung durchführen.

“Damit bewegen wir uns immer noch in einer Nische”, heißt es im MSC-Bericht. Tatsächlich ist noch immer ein Drittel der weltweiten Fischbestände überfischt. Von den rund 90 Millionen Tonnen Fisch und Meeresfrüchte, die weltweit gefangen werden, sind rund 26 Millionen Tonnen illegal gefischt, wie der MSC berichtet. Ziel der Organisation ist es daher, bis zum Jahr 2020 die Zahl der am MSC-Programm teilnehmenden Fischereien auf 20 Prozent zu steigern, bis 2030 sogar auf ein Drittel aller Fischer.

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“Viele schaffen es nicht”

“Es ist nicht mangelndes Interesse von Fischereiseite, das diesen Prozentsatz so niedrig hält. Viele Fischereien schaffen es einfach nicht”, heißt es im Bilanzbericht des MSC. Zwar kritisiert Greenpeace, dass die MSC-Kriterien teilweise zu unklar und schwach formuliert sind. Als Folge seien auch Fischereien zertifiziert worden, die angegriffenen Bestände befischen oder viel Beifang produzieren.

Doch schon die Kriterien des MSC erweisen für die meisten Fischer offenbar zunächst als zu streng: “Mehr als die Hälfte aller Fischereien, die in den vergangenen Jahren eine MSC-Zertifizierung ins Auge gefasst haben, mussten schon im Zuge der freiwilligen “Vorbewertung” erkennen, dass sie noch weit von der Erfüllung der strengen MSC Nachhaltigkeitskriterien entfernt waren”, heißt es im MSC-Bericht. Zudem werden auch immer wieder Fischereien nachträglich wieder suspendiert – im Jahr 2016 waren es 17 Fischereibetriebe.

Kaum Teilnehmer auf der Südhalbkugel

Besonders stark hapert es zurzeit noch auf der Südhalbkugel der Erde: Dort liegen einige der Meeresgebiete mit der höchsten Produktivität und Artenvielfalt, aber in den vergangenen 20 Jahren konnten vergleichsweise wenige Fischereien zertifiziert werden. Gleichwohl sind in diesem Teil der Welt hunderte Millionen Menschen für ihren Lebensunterhalt auf den Fischfang angewiesen, der Export von Fisch bringt den betroffenen Ländern mit 80 Milliarden US-Dollar höhere Erlöse, als der Export aller anderen Nahrungsmittel – darunter Reis, Zucker oder Kakao – zusammen.

Ziel des MSC sei es daher, in den kommenden Jahren mit neuen Tools, wissenschaftlicher Forschung und finanziellen Mitteln vermehrt auch kleine Fischereien in Entwicklungsländern auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit zu unterstützen. Ein Ansatzpunkt dabei: Eine MSC-Zertifizierung belohnt nachhaltige Fischereien, oft verschafft ihnen das blaue Siegel Zugang zu neuen Märkten oder höheren Einnahmen.

Wirtschaftliche Anreize

Für die MSC-zertifizierte Kap-Seehecht Fischerei in Südafrika beispielsweise haben Ökonomen errechnet, dass die MSC-Zertifizierung für eine Einnahmensteigerung in Höhe von 37,6 Prozent und die Sicherung von fünf- bis zwölftausend Arbeitsplätzen verantwortlich ist. In Deutschland erhalten die zertifizierten deutschen Heringsfischer in der Ostsee dank des MSC-Siegels bis zu 30 Prozent mehr Geld pro Kilo Hering.

“Wenn wir großflächige Verbesserungen für unsere Ozeane und Fischbestände bewirken wollen, kommen wir um marktbasierte Ansätze nicht umhin. Wir brauchen Programme, die alle Beteiligten – vom Konsumenten über den Händler bis zum Fischer – mit einbinden”, so Stefanie Kirse, Leiterin des MSC-Büros für Deutschland, Österreich und die Schweiz. “Mit Hilfe unseres Siegels schaffen wir eine direkte Verbindung zwischen den Tellern der Verbraucher und der Gesundheit unserer Ozeane.”

Erster UN-Meeresschutzgipfel tagt

Wie der Meeresschutz weiter vorangebracht werden kann, beraten zurzeit in New York Delegationen aus über 150 Ländern. Dort findet vom 5. – 9 Juni 2017 erstmals ein UN-Gipfel zum Meeresschutz statt. Ziel ist es, das UN Entwicklungsziel “Schutz und die nachhaltige Nutzung der Meere” voranzutreiben. Dieses Entwicklungsziel ist eines von 17, auf deren Umsetzung die internationale Staatengemeinschaft sich bis 2030 verpflichtet hat.

“Der Ozean scheint endlos, aber in Wahrheit ist er am Limit. Es ist daher höchste Zeit für einen Meeresgipfel mit konkreten Ergebnissen, damit der Schutz des Ozeans endlich an Fahrt gewinnt”, kommentiert Christoph Heinrich, Naturschutzvorstand beim WWF Deutschland. “In New York muss ein Rahmen geschaffen werden, der den Meeresschutz praktisch stärkt und vorhandenes Engagement bündelt.”

Quellen: Marine Stewardship Council, WWF

© natur.de – Nadja Podbregar

© natur.de

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