Originaltitel
World War Z
Land
Jahr
2013
Laufzeit
116 min
Genre
Action
Horror
Regie
Marc Forster
Cast
Brad Pitt
James Badge Dale
Mireille Enos
Daniella Kertesz
Release Date
Bewertung
Kritik
von René Loch / 26. Juni 2013
Vielleicht ist es die größte Blockbuster-Überraschung des Sommers: Marc Forsters „World War Z“. Nicht etwa weil die Zombieapokalypse perfekte Unterhaltung bietet.Nein, sondern weil eine Wette darauf, dass diese Produktion am Ende halbwegs gelingen könnte, in Anbetracht all der Negativmeldungen über Kostenexplosionen, Nachdrehs und sonstiges Chaos glatter Irrsinn gewesen wäre. Doch wie man nun ziemlich verblüfft feststellen muss, hätte sich die Wette gelohnt.
„World War Z“ basiert (sehr) lose auf dem gleichnamigen Roman von Max Brooks aus dem Jahr 2006 und wirft den Zuschauer ziemlich unvermittelt in eine Welt am Abgrund. Aus ungeklärter Ursache fallen Menschen auf dem ganzen Planeten übereinander her und verwandeln sich, nachdem sie gebissen wurden, binnen weniger Sekunden ebenfalls in wilde Bestien, gemeinhin Zombies genannt. Die meisten Großstädte sind in kürzester Zeit verloren. Einzig der ehemalige UNO-Mitarbeiter Gerry Lane (Brad Pitt) scheint noch dazu in der Lage, das Ende der Menschheit abzuwenden. Während seine Familie auf einem Rettungsschiff verweilt, fliegt Gerry gemeinsam mit einer Elitetruppe und einem jungen Wissenschaftler um die Welt, auf der Suche nach dem Ursprung der "Seuche" und einem Gegenmittel.
Die Liste der Pannen und Kuriositäten während der Produktionsphase von „World War Z“ ist so lang, dass selbst die Fertigstellung dieses Films schon sehr erstaunt. Schon 2008 gab es einen ersten Drehbuchentwurf von J. Michael Straczynski, der ein Jahr später durch Matthew Michael Carnahan überarbeitet wurde. 2011 gab das verantwortliche Studio Paramount zu verstehen, dass es die veranschlagten Kosten in Höhe von 125 Millionen Dollar nicht allein tragen würde. Nachdem sich weitere Finanziers gefunden hatten, konnten die Dreharbeiten noch im selben Jahr endlich beginnen – und damit auch das eigentliche Chaos.
Im Sommer 2012 wurden umfangreiche Nachdrehs angesetzt, der geplante Kinostart im Dezember 2012 um ein halbes Jahr nach hinten verschoben und Damon Lindelof („Lost“), der schon „Prometheus“ (wahlweise zu wenig oder zu stark) überarbeitet hatte, als nunmehr dritter Drehbuchautor angestellt. Das komplette Ende, also eine bereits abgedrehte, zwölfminütige Sequenz in Moskau, flog wieder raus, stattdessen wurde der letzte Akt neu gedreht – und das, noch während Lindelof am neuen Drehbuch schrieb (was er zeitlich nicht auf die Reihe bekam, weshalb Drew Goddard ihn als vierter Autor beerbte). Interne Quellen ließen zudem durchsickern, dass die ersten 45 Minuten großartig seien, der Rest jedoch quasi unbrauchbar. Regisseur Marc Forster hätte sich mit Hauptdarsteller Brad Pitt überworfen und einen Dreh solchen Ausmaßes nicht im Griff – das Budget stieg dank der aufwändigen Nachdrehs auf geschätzt 200 Millionen Dollar.
Immerhin: Dass der Film einiges gekostet hat, sieht man ihm an. Die Massenszenen sind von beeindruckender Intensität. Dass es Zombies sind, die hier Jagd auf Menschen machen, ist eher nebensächlich, zumal für einige die Definition eines klassischen Zombies Bewegungen im Renntempo ja sowieso ausschließt. Vielmehr als ein Zombie- ist „World War Z“ ein Panikfilm. Schon beim ersten Auftritt der infizierten Monster lässt Forster die Spannung nach und nach schön ansteigen: Aus einem großen Stau im innerstädtischen Verkehr wird zunächst erstauntes Rätselraten in Anbetracht davonlaufender Menschen und schließlich auch für die Familie von Gerry der nackte Kampf ums Überleben.
Und plötzlich hetzen hunderte, tausende Menschen durch die Straßen von Philadelphia, besonders eindrucksvoll dokumentiert durch die Einstellungen in der Vogelperspektive.
Was diese Szenen, die es später in ähnlicher Form noch an anderen Schauplätzen geben wird, so bedrohlich macht, ist der pure Terror, vor dem es – für die Meisten – kein Entkommen gibt. Aus einem Gefühl von (relativer) Sicherheit wird in Sekundenschnelle die Gewissheit des schnellen Todes. Sind die Zombies erst einmal in ein bestimmtes Gebiet eingedrungen, ist jeder Widerstand wirkungslos. Und so stirbt die Weltbevölkerung binnen weniger Momente dahin. Für einen wegen der hohen Produktionskosten auf Familienfreundlichkeit getrimmten Sommer-Blockbuster ist das erstaunlich kompromisslos. Aber im Rahmen eines solchen Szenarios eben auch sehr realistisch.
Dass es sich hierbei um einen weich gespülten Zombiefilm handelt, fällt nur selten negativ auf. In mindestens zwei Szenen wäre die Wirkung mit drastischeren Bildern eine noch größere gewesen, doch ansonsten sind der eigentliche Horror eben weniger die Zombies als vielmehr die Epidemie bedingte Panik und vollkommene Unterlegenheit. Als überaus wirkungsvoll erweist sich der Soundtrack, zu dem die englische Band Muse einen Teil beigetragen hat. Schon das Intro, in dem die Vorboten einer Endzeit vom hypnotisch-treibenden Sound der Rockmusiker begleitet werden, stimmt auf recht unkonventionelle Weise auf das Folgende ein. Musik, Tempo und Kompromisslosigkeit erinnern dabei stark an den letzten großen Seuchenthriller, „Contagion“ von Steven Soderbergh.
Dass „World War Z“ an dessen Klasse jedoch nicht ganz heran reicht, dürfte letztlich dann doch den Bedingungen geschuldet sein, unter denen dieser Film entstanden ist. Auch wenn es dem Spaß nur wenig Abbruch bereitet – die gesamte Laufzeit über wirkt der Film ziemlich konfus. Brad Pitts Charakter hetzt quer über den Erdball und pflichtschuldig schließt sich jeder Zwischenstation ein Zombiemassaker an. Dann tauchen immer mal wieder eigentlich namhafte Darsteller wie David Morse („The Green Mile“, „Contact“) oder Matthew Fox („Lost“, „8 Blickwinkel“) auf. Morse darf ein paar Sätze sagen, Fox hätte man gar nicht bemerkt, würde sein Name nicht im Abspann stehen – tatsächlich ist er etwa zwei, vielleicht auch drei Sekunden im Bild. Auch die bisweilen merkwürdigen Wechsel der Tageszeiten geben eine grobe Vorstellung davon, wie wild an diesem Film herumgeschnitten wurde und was es für Auswirkungen haben kann, ohne Drehbuch zu filmen. Dazu gesellen sich so ärgerliche Details, für die jeder Drehbuchschreiber generell mit einem Bußgeld belegt werden sollte: etwa das unter Asthma leidende Kind oder das Klingeln eines Telefons im denkbar ungünstigsten Moment.
Die verschiedenen Drehbuchautoren hatten offenbar auch sehr verschiedene Vorstellungen davon, ob das Ganze nun eher Richtung Horror-, Action- oder Seuchenthriller gehen sollte. Auch passt der gelungene, sehr stark auf Spannung setzende letzte Akt so gar nicht zum Ton der vorangegangenen Ereignisse und endet der Film dann auch ziemlich abrupt – kein Wunder, schließlich wurde der letzte Akt komplett neu geschrieben und gedreht.
Doch trotzdem macht „World War Z“ vielleicht auch gerade wegen diverser allzu auffälliger Merkwürdigkeiten jede Menge Spaß. Marc Forster könnte somit das Kunststück gelungen sein, einen unterhaltsamen Film abgeliefert und gleichzeitig wegen der Produktionsgeschichte seinen Ruf in Hollywood ruiniert zu haben. Zu wünschen wäre ihm letzteres nicht.
Bilder: Copyright
Paramount Pictures
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